Der Tanz um den Gewinn
Von der Besinnungslosigkeit zur Besinnung der Ökonomie
Bernd Senf, Verlag für Sozialökonomie, 2004
Bernd Senf legt hier mehrere Aufsätze über tiefere wirtschaftliche Ursachen globaler Fehlentwicklungen vor. In allgemein verständlicher Weise wird herausgearbeitet, dass die sich verschärfenden Krisen verankert sind in der problematischen Ermittlung des einzelwirtschaftlichen Gewinns, um den sich weltweit das Wirtschaften dreht. Darüber hinaus geht es um grundlegende Probleme des bestehenden Geld- und Zinssystems und um Geheimnisse und Konsequenzen der Geldschöpfung des Bankensystems. Aus der Analyse dieser Zusammenhänge ergeben sich notwendige Veränderungen, wenn eine weitere Zuspitzung der Krisen vermieden werden soll.
Dieses Buch besteht aus einer Sammlung längerer Aufsätze, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren entstanden sind und (mit einer Ausnahme) hiermit erstmals veröffentlicht werden. Sie beziehen sich auf unterschiedliche Aspekte tief verankerter und kollektiv verdrängter Ursachen globaler Fehlentwicklungen – vor allem im Bereich des Geldsystems.
In dem Aufsatz „Der Tanz um den Gewinn – Von der Besinnungslosigkeit zur Besinnung der Ökonomie“ geht es um die Frage, was eigentlich in der wesentlichen Orientierungsgröße verborgen ist, um die sich in marktwirtschaftlich-kapitalistischen Systemen große Teile der Wirtschaft und Gesellschaft drehen. Auf allgemein verständliche Art wird heraus gearbeitet, welche gesamtwirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Entwicklungen sich aus der einzelwirtschaftlichen Gewinnorientierung ergeben. Daraus wird erkennbar, in welcher Richtung die Grundlagen der Gewinnermittlung verändert werden müssten, um dem Wirtschaften auch einen gesamtwirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Sinn zu geben – woran es ihm bisher mangelt.
Was das Geldsystem anlangt, so gibt es – auch unter Geldsystemkritikern – erhebliche Kontroversen darüber, welches die wesentlichen Problempunkte sind und wo entsprechende Ansatzpunkte für konstruktive Veränderungen liegen können. Der Aufsatz „Kontroversen um das Geld“ macht den Versuch, die unterschiedlichen Sichtweisen heraus zu arbeiten und ihre scheinbare Unvereinbarkeit zu überwinden. Er will auch dazu beitragen, die Geheimnisse der Geldschöpfung von Zentralbanken und Geschäftsbanken aufzudecken, die bisher auf erstaunliche Weise gehütet worden sind. Für große Teile der Gesellschaft hat die Problematik der Geldschöpfung – ebenso wie die des Zinses und des Gewinns – immer noch Tabu-Charakter. Angesichts der sich zuspitzenden Krisen scheint es mir allerdings dringend geboten, diese Tabus anzurühren, weil nur so die Richtung notwendiger Veränderungen des Geldsystems erkennbar wird.
Ein weiterer Teil dieses Buches stellt erstaunliche Bezüge her zwischen dem Fließen des Geldes in einer Wirtschaft und dem Fließen der Lebensenergie im menschlichen Organismus bzw. in der Natur. In dem (an anderen Stellen schon veröffentlichten) Aufsatz „fließendes Geld und Heilung des sozialen Organismus – Gemeinsamkeiten zwischen Viktor Schauberger, Wilhelm Reich und Silvio Gesell“ geht es um die Ursachen und Konsequenzen eines blockierten Fließprozesses – und um die These: „Die Lösung (der Blockierung) ist die Lösung“.
Der Aufsatz „Börsenfieber und kollektiver Wahn“ handelt demgegenüber von den Konsequenzen eines in sich gespaltenen und durchdrehenden Fließprozesses, der in einen Realitätsverlust und Absturz des betreffenden Systems einmündet. Beim einzelnen Menschen treibt ein gespaltener Energiefluss in die Schizophrenie, im sozialen Organismus einer Wirtschaft treibt ein (in Tauschmittel und Spekulationsmittel) gespaltener Geldfluss in Börsenfieber und Realitätsverlust anderer Art – jeweils mit höchst bedrohlichen Folgen.
Aus dieser Analyse wird deutlich, welchen „Wahnsinn“ die durch den Neoliberalismus propagierte und durch WTO, IWF und Weltbank durchgesetzte Politik des Niederreißens nationalstaatlicher Schutzhüllen – insbesondere gegenüber den spekulativen Kapitalströmen – bedeutet. Die Dramatik der dadurch bewirkten Entwicklung ist von anderen eindrucksvoll, aber auch erschütternd beschrieben worden, u.a. von Joseph Stiglitz („Die Schatten der Globalisierung“) oder von Michel Chossudovsky („Global – Brutal“). Sie liefert ganze Länder und Völker schutzlos den spekulativen Launen und Manipulationen der internationalen Finanzmärkte aus und hinterlässt soziale und ökonomische Trümmerfelder, die wesentlich mit dazu beitragen, den Boden für Gewaltausbrüche zu bereiten.
Solange die „monetäre Kernspaltung“ (die Spaltung des Geldes in Tauschmittel und Spekulationsmittel) nicht überwunden wird, wird es immer wieder destruktive Kettenreaktionen an den internationalen Finanzmärkten geben – und die Gefahr eines Super-Gaus des Weltfinanzsystems. Besser wäre es, die Welt (oder mindestens wesentliche Entscheidungsträger) kämen vorher zur Besinnung – und zur Einsicht in die wesentlichen Grundlagen eines Wirtschaftens im Einklang mit Mensch und Natur – anstatt gegen sie.